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Die Vorstandswahl und das Coronavirus

Oder: Was ist, wenn die Amtszeit jetzt abläuft?
von Rechtsanwalt Patrick R. Nessler, St. Ingbert*


Die Maßnahmen gegen das Coronavirus betreffen immer mehr auch das Vereins- und Verbandsleben. Inzwischen wurden zum Beispiel im Saarland mit Nr. 1 der Allgemeinverfügung zum Vollzug des Infektionsschutzgesetzes vom 16.3.2020 Veranstaltungen, Versammlungen oder sonstige Ansammlungen mit mehr als fünf Personen landesweit untersagt. Damit sind Mitgliederversammlungen, Vorstandssitzungen und auch Sitzungen anderer Vereinsorgane in der Regel nicht mehr
möglich.

 

Gemäß § 26 Abs. 1 Satz 1 BGB muss jeder Verein einen Vorstand haben. Dieser vertritt den Verein gerichtlich und außergerichtlich (§ 26 Abs. 1 Satz 2 BGB). Die Mitglieder des Vereinsvorstands werden nach § 27 Abs. 1 BGB grundsätzlich durch die Mitgliederversammlung bestellt. Nach dem Gesetz bleiben Vorstandsmitglieder dann so lange im Amt, bis sie von ihrem Amt zurücktreten, nach § 27 Abs. 2 BGB von der Mitgliederversammlung abberufen werden oder versterben.


Oft finden sich in Satzungen jedoch Regelungen, dass die Mitglieder des Vorstandes für eine bestimmte Amtszeit gewählt werden. Schreibt die Satzung eine bestimmte Amtsdauer vor, so kann das Bestellungsorgan den Vorstand weder auf einen kürzeren noch auf einen längeren Zeitraum bestellen. Die Amtszeit beginnt grundsätzlich mit der Annahme der Wahl. Mit am Ablauf der satzungsmäßigen Amtszeit endet das Amt des Vorstands (KG Berlin, Beschl. v. 30.01.2012, Az. 25 W 78/11; BGH, in: WPM 1960, 1272; OLG München, in: WPM 1970, 770). Die Berechnung der Amtszeit wird auf den Tag genau vorgenommen (§§ 186, 188 BGB). Wurden die Mitglieder des Vorstands z. B. am 04.03.2017 für drei Jahre gewählt, endet ihre Amtszeit am 04.03.2020. Eine automatische Verlängerung der Amtsdauer gibt es nicht.


Fällt das Ende der Amtszeit der derzeit amtierenden Vorstandsmitglieder in die Zeit, in der aufgrund des Coronavirus eine Mitgliederversammlung nicht erlaubt oder nicht bedenkenfrei durchführbar ist, kann sich die Problematik ergeben, dass der Verein ab diesem Zeitpunkt ohne Vorstand im Sinne des § 26 BGB ist. Der Verein läuft Gefahr, keinen gesetzlichen Vertreter mehr zu haben, was zeitweilig zur völlige Lähmung der Vereinstätigkeit in rechtlicher und tatsächlicher Beziehung führen kann.


Das Gesetz hat für diesen Fall vorgesorgt. In dringenden Fällen hat das für den Verein zuständige Registergericht Hilfestellung zu leisten und die erforderlichen Mitglieder des Vorstandes zu bestellen (§ 29 BGB). Zwingende Voraussetzung für ein Tätigwerden des Gerichts ist es, dass ein dringender Fall vorliegt. Ein solcher ist zunächst gegeben, wenn ein sofortiges Vertretungshandeln erforderlich ist, um Schaden für den Verein oder andere Beteiligte zu vermeiden.
Der drohende Schaden braucht kein Vermögensschaden zu sein. So kann eine Notbestellung durch das Gericht geboten sein, wenn auf satzungsgemäßem Weg die Bestellung durch ein Vereinsorgan nicht rasch genug erfolgen kann (Sauter/Schweyer/Waldner, Der eingetragene Verein, 20. Aufl. 2016, Rn. 293a).


Führen die nicht mehr im Amt befindlichen Vorstandsmitglieder den Verein fort, so handelt es sich bei ihnen um einen sogenannten „faktischen Vorstand“. Dieser ist grundsätzlich nicht zur gerichtlichen außergerichtlichen Vertretung des Vereins berechtigt. Tun die Mitglieder des Vorstands dies trotzdem, kann das im Einzelfall durchaus für und gegen den Verein, z.B. nach den Grundsätzen der Duldungsvollmacht, wirksam sein (Reichert, Vereins- und Verbandsrecht, 14. Aufl. 2018, Rn. 2-2182). Allerdings ist auch die persönliche Haftung dieser Vorstandsmitglieder als sogenannte „Vertreter ohne Vertretungsmacht“ (§ 179 BGB) möglich. Diese Rechtsfrage ist nur im Einzelfall zu beantworten.


Die vorgenannten Gefahren bestehen nicht, wenn in der Satzung bei der Festlegung der Amtsdauer zusätzlich bestimmt wird, dass der Vorstand bis zur (wirksamen) Bestellung eines neuen Vorstands oder seiner (wirksamen) Wiederwahl im Amt bleibt (Sauter/Schweyer/Waldner, Der eingetragene Verein, 20. Aufl. 2016, Rn. 265).


Fazit:
Es ist im Einzelfall zu prüfen, ob der Verein oder Verband tatsächlich durch den Ablauf der Amtszeit seinen gesamten Vertretungsberechtigten Vorstand verliert. Sollte das der Fall sein, so muss geklärt werden, ob für die derzeit notwendige Tätigkeiten des Vereins ein vertretungsberechtigter Vorstand erforderlich ist.
Ist ein vertretungsberechtigter Vorstand erforderlich, so bleibt als sicherster Weg grundsätzlich nur die Möglichkeit der Beantragung der Bestellung eines Notvorstandes nach § 29 BGB. Nicht zu empfehlen, aber bei sorgfältiger Führung der Vereinsgeschäfte möglich, ist auch, dass die bisherigen Vorstandsmitglieder vorerst die Geschäfte des Vereins weiterführen.
Stand: 17.03.2020


Rechtsanwalt Patrick R. Nessler ist bereits seit 2004 Generalsekretär des Deutschen Betriebssportverbandes e. V. und seit 2015 auch Justiziar des Landessportverbandes für das Saarland sowie Mitglied des Ausschusses für Rechts- und Satzungsfragen des Landessportbundes Berlin e.V.. Seit März 2016 ist er Dozent für Sport- und Vereinsrecht an der Deutschen Hochschule für Prävention und Gesundheitsmanagement.


Rechtsanwalt Patrick R. Nessler
DBSV-Generalsekretär
Kastanienweg 15
D-66386 St. Ingbert
Tel.: 06894 9969237
Fax: 06894 9969238
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Veröffentlichung

Di, 17. März 2020

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